Werden Lohnarbeitende im Kapitalismus ausgebeutet? – Zur Ausbeutung nach Karl Marx

Werden Lohnarbeitende im Kapitalismus ausgebeutet? Diese Frage ist laut marxistischer Analyse klar und deutlich mit “Ja!” zu beantworten. In folgendem Text gehen wir dem Begriff etwas ausführlicher auf den Grund. Anhand einer Betrachtung der wesentlichen Merkmale der kapitalistischen Produktion und der Arbeitswerttheorie weisen wir nach, weshalb genau Ausbeutung im Kapitalismus nicht nur eine Randerscheinung, sondern vielmehr Wesenskern der Produktion im Lohnverhältnis ist.

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1 – Einleitung

Die folgende Abhandlung wird sich der Frage: „Werden Lohnarbeitende im Kapitalismus ausgebeutet?“ widmen. In ihr soll aufgewiesen werden, inwiefern die marxsche Ausbeutungtstheorie zutrifft und keineswegs an Aktualität verloren hat. Hierfür werden wir zunächst herausarbeiten, welche die zentralen Kategorien waren, die Marx von Nutzen waren, um seine Analyse des Kapitalismus durchzuführen. Darüber hinaus werden die Schlüsse von Marx in Hinsicht auf die Frage, ob der Kapitalismus ausbeutend sei, wiedergegeben (Kapitel 2-4). Im zweiten Teil ist es unser Ziel, ein paar Diskussionsthematiken anzuschneiden, und eigene Positionen zu ihnen zu formulieren. Fokus wird hierbei auf der Frage liegen, ob die von Marx formulierte Kritik am Kapitalismus eine moralische sei oder nicht (Kapitel 5). In engem Zusammenhang dazu, wird das Verhältnis der Arbeitswert- zur Ausbeutungstheorie besprochen, mit Bezug zu dem, in der Tradition des analytischen Marxismus stehenden, Philosophen G.A Cohen. Abschließend werden wir dann zur Frage der Abhandlung zurückkommen und für ihre Beantwortung auf Vorheriges zurückgreifen, um Klarheit darüber zu schaffen, wie der Grad der Exploitation der Arbeitskraft zu messen sei (Kapitel 6).

2 – Der Doppelcharakter der Ware

„Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen Kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als seine Elementarform“[1]
– Karl Marx

In seiner Analyse des Produktionsprozesses des Mehrwerts  beginnt Marx mit der Ware, die, wie Lenin es ausgedrückt hat, „das einfachste … alltäglichste, milliardenfach zu beobachtende Verhältnis der bürgerlichen (Waren-) Gesellschaft“ ist.[2] Marx versucht von der Analyse dieser einfachsten Erscheinung, dieser „Zelle“ der bürgerlichen Gesellschaft, die zentralen Widersprüche eben dieser abzuleiten.

 Gebrauchswert und Tauschwert

Ein Produkt, welches menschliche Bedürfnisse jeglicher Art befriedigt, hat Gebrauchswert. Hierbei ist es irrelevant, ob diese Bedürfnisse von physischer oder geistiger Natur sind.[3] Der Gebrauchswert einer Sache realisiert sich im Gebrauch, der sogenannten Konsumtion. Um Ware zu werden, bedarf es jedoch noch einer anderer Eigenschaft – dem Tauschwert.[4] Der Tauschwert ist das Größenverhältnis, wonach bedürfnisbefriedigende Dinge einander gleich gelten und daher miteinander austauschbar sind. Als Gebrauchswerte sind Waren also verschiedener Qualität, während sie als Tauschwerte nur verschiedener Quantität sein können. Nehmen wir das Beispiel eines Buches. Der Gebrauchswert des Buches besteht darin gelesen zu werden. Dieser existiert unabhängig davon, ob das Buch getauscht wird oder nicht. Wenn ich das Buch jedoch überhaupt nicht tausche, sondern einzig und allein selbst konsumiere, dann hat es auch keinen Tauschwert und hört somit auf Ware zu sein. Ware zu sein – also außer dem Gebrauchswert noch den zweiten Faktor, den Tauschwert, zu erfüllen – ist somit keine den Dingen inhärente Eigenschaft, sondern eine gesellschaftliche. Nur in tauschbasierten Gesellschaftsformen besitzen Dinge Tauschwert.

Durch diese Lehre vom Gebrauchs- und Tauschwert historisiert Marx den Kapitalismus. In diesem besitzen Produkte diesen Doppelcharakter, und werden somit zur Ware. Im Feudalismus (Bauer macht Abgaben an Vasall – kriegt nichts im direkten Gegenzug) oder beim Produzieren für den eigenen Konsum[5]entfällt beispielsweise diese zweite Kategorie (Tauschwert). Während schon in feudalen Gesellschaften ein geringer Teil der Güter getauscht wurde, war die Warenform zu dieser Zeit eher die Ausnahme als die Regel. Der zu Beginn zitierte Satz von Marx über die „ungeheure Warensammlung“ weißt somit klar auf ein Spezifikum kapitalistischer Gesellschaften hin, da nur in ihnen die Ware die typische Gestalt des Reichtums ist.

3 – Arbeitswerttheorie

Wie bereits etabliert ist es ein Merkmal kapitalistischer Gesellschaften, dass der Tausch und somit die Warenform in diesen von einem vereinzelten Phänomen (wie im Feudalismus) zum Normalfall wird. Daraus folgt, dass beim Tausch als Durchschnittsform, in der Güter übertragen werden, die Rationen des Tausches einheitlich sein müssen. Die diversen Einheiten des Tauschwertes einer Ware müssen also auch füreinander Tauschwerte bilden[6].  Wenn diese Grundvorraussetzung der Uniformität des Tausches erfüllt ist, stellt sich nun die Frage:

Was macht den Wert einer gegebenen Sache aus?

Da Waren in quantitativen Proportionen mit einander getauscht werden können, muß es nun möglich sein diese mannigfachen Gleichsetzungen mit verschiedenen Waren in einer davon sehr verschiedenen Form auszudrücken.[7] Um es konkret zu machen: Die Waren, die es zu tauschen gilt, müssen irgendeinem Dritten gleich und darauf reduzierbar sein. Es stellt sich die Frage: Was bleibt denn den Waren an Gemeinsamem, wenn alles das, was mit ihrer natürlichen Beschaffenheit verbunden ist, nicht das Gemeinsame sein kann? Denn darin sind sie ja unterschiedlich (Getauscht wird immer verschiedener Gebrauchswert). Es bleibt ihnen nur noch das Faktum, dass sie Arbeitsprodukte sind.[8] Aus der Erkenntnis, dass die Arbeit die „gemeinsame gesellschaftliche Substanz aller Waren“[9] ist, folgt die Schlussfolgerung, dass die Größe des Werts einer Ware „durch das Quantum der in ihm enthaltenen wertbildenden Substanz, der Arbeit“[10] gemessen wird. Aber nicht Arbeit schlechthin, deren Ergiebigkeit ja sehr unterschiedlich sein kann, ist bestimmend für den Wert einer Ware, sondern die zu ihrer Produktion im Durchschnitt erforderliche, gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. „Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit“, schreibt Marx, „ist Arbeitszeit erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen“[11]. Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zur Produktion eines bestimmten Gebrauchswertes bleibt aber nicht ständig gleich. Sie ist stets von dem Niveau der Arbeitsproduktivität abhängig, die ihrerseits bestimmt wird durch mannigfaltige Umstände, wie beispielsweise das durchschnittliche Geschick der Arbeitenden, der Entwicklungsgrad des technologischen Fortschritts, die Stärke der Arbeitsteilung sowie auch Naturverhältnissen.

Über die abstrakte und konkrete Arbeit

Es ist Arbeit, die nicht nur Gebrauchswert, sondern auch Wert produziert.[12] Um zu verstehen, was es mit dem spezifisch gesellschaftlichen Charakter Waren produzierender Arbeit auf sich hat, müssen wir uns mit der Unterscheidung in „konkrete“ und „abstrakte“ Arbeit auseinandersetzen. Die qualitativ verschiedenen „konkreten Arbeiten“ produzieren qualitativ verschiedene Gebrauchswerte: Backarbeit produziert Brötchen, Schusterarbeit produziert Schuhe etc.  Die „konkrete Arbeit“ sei „als Bildnerin von Gebrauchswerten … eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung der Menschen, ewige Naturnotwendigkeit“[13], so der deutsche Marxist Josef Schleifstein. Der Wert wird aber nicht von einer bestimmten konkreten Arbeit gebildet. Schusterarbeit produziert beispielsweise nicht als Schusterarbeit Wert (als diese produziert sie einen Schuh), sondern sie produziert Wert als menschliche Arbeit, deren Produkt mit dem Produkt von anderer menschlicher Arbeit getauscht wird. Schusterarbeit produziert Wert, „also gerade in Abstraktion von ihrer konkreten Gestalt […] Marx spricht daher von Wert produzierender Arbeit als abstrakter Arbeit“[14].

4 – Wie entsteht der Mehrwert?


Verwandlung von Geld in Kapital (W-G-W und G-W-G)

Marx geht bei der Untersuchung des kapitalistischen Eigentums an Produktionsmitteln, bei der Erforschung der Genesis des Kapitals, davon aus, dass Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, also Handel, die historischen Voraussetzungen des Kapitals bilden. Die Unterscheidung von Geldvermögen und Kapital hängt exakt mit dieser Voraussetzung zusammen. Denn „Geld als Geld und Geld als Kapital unterscheiden sich zunächst nur durch ihre verschiedene Zirkulationsform.“[15]. Um Geld von Kapital unterscheiden zu können, muss sich also der Warenzirkulation gewidmet werden. Die unmittelbare Form dieser ist die Verwandlung von Ware in Geld und dessen Rückverwandlung in Ware (W-G-W), also verkaufen, um zu kaufen. Hier gilt das Geld als Vermittler zweier Arbeitsprodukte, die Konsumtion ist der Endzweck dieser Zirkulation. Neben dieser Form ist aber noch eine zweite anzutreffen, die Verwandlung von Geld in Ware und dessen Rückverwandlung in Geld (G-W-G), also kaufen, um zu verkaufen. Nun ist es also auf den Kopf gestellt, wo ich vorher verkaufte um zu kaufen, kaufe ich nun um zu verkaufen. Ziel dieses Prozesses ist es jedoch nicht für den gleichen Wert zu verkaufen. Dies wäre frei von Sinn, das Erzielen von Profit ist der Endzweck dieses Prozesses. Die vollständige Formel lautet somit in Wirklichkeit: G-W-G’, d.h das Ergebnis ist eine höhere Geldsumme als die vorgeschossene. Diesen Überschuss über den ursprünglichen Wert nennt Marx den Mehrwert (surplus value). Das Geld, das in seiner Bewegung die letztere Zirkulation durchmacht, verwandle sich in Kapital, werde Kapital und sei seiner Bestimmung nach Kapital, erklärt Marx.[16]

 Mythen über den Mehrwert

Bevor wir zu dem Knackpunkt und zugleich zu dem kontroversesten Teil der Marx’schen Lehre, der Produktion von Mehrwert, fortschreiten, muss erstmal klargestellt werden, wie der Mehrwert nicht entsteht. Der französische Philosoph und Ökonom Condillac[17] versuchte beispielsweise die Warenzirkulation als Quelle des Mehrwerts darzustellen. Während es möglich ist, einmal eine Ware unter ihrem Wert zu kaufen oder über ihrem Wert zu verkaufen steht dieser Vermehrung der Wertsumme ein exakt so Großer Verlust eines anderen gegenüber. Der Mehrwert „kann […] nicht aus irgendeiner Übervorteilung stammen, denn so könnte sich zwar ein Kapitalist auf Kosten des anderen bereichern, aber die ganze Klasse der Kapitalisten kann sich nicht übervorteilen“[18]. Gesamtgesellschaftlich hat sich in diesem Fall die Wertsumme nicht verändert, sie wurde nur anders verteilt, so als hätte ein klassischer Raub stattgefunden. Außerdem wurde der Gewinn so durch eine Verletzung der Gesetze der Warenproduktion erklärt.

Besonderheit der Ware Arbeitskraft

Die Marx’sche Analyse sieht den Mehrwert, und somit die Ausbeutung jedoch als grundlegende Eigenschaft der kapitalistischen Produktionsweise, daher muss seine Existenz unter den Vorraussetzungen des „Äquivalententausches“ erklärt werden.[19] Unterstellt man Äquivalententausch, so kann der Mehrwert nicht in der Zirkulation gebildet werden, also weder beim ersten Zirkulationsakt  G-W noch beim zweiten W-G’. Es muss also mit der Ware, nachdem sie gekauft ist und ehe sie wieder verkauft wird, etwas passieren, was ihren Wert erklärt. Außerhalb der Zirkulation findet jedoch lediglich der Konsumtionsprozeß statt. Um außerhalb der Zirkulation den Mehrwert zu kreieren, müsste der Geldbesitzende auf dem Markt eine Ware vorfinden, deren Gebrauchswert die „eigentümliche Beschaffenheit“[20] besäße, Quelle von Wert zu sein, so dass der Verbrauch dieser Ware Wert schafft, und zwar mehr Wert als sie selbst kostet.

„Ein doppeltes Resultat hat sich also ergeben: Die Verwandlung des Geldes in Kapital ist auf Grundlage dem Warentausch innerer Gesetze zu entwickeln, so dass der Austausch von Äquivalenten (gleichen Werten) als Ausgangspunkt gilt. Unser … Geldbesitzer muss die Waren zu ihrem Wert kaufen, zu ihrem Wert verkaufen und dennoch am Ende des Prozesse mehr Wert herausziehen, als er hineinwarf. … Dies sind die Bedingungen des Problems. Hic Rhodos, hic salta! (Wer den Mehrwert nicht erklären kann, ohne dass beide sich widersprechenden Bedingungen erfüllt sind, kann den Mehrwert nicht erklären!). “ (Marx: MEW 23, 180f.)

Diese besondere Ware findet der Geldbesitzende. Es ist die Ware Arbeitskraft. Mit Arbeitskraft ist der Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswert irgendeiner Art produziert, gemeint.

Die doppelte Freiheit der Lohnarbeitenden

Das der Geldbesitzer die Arbeitskraft als eine Ware auf dem Markt vorfindet, ist nicht selbstverständlich. Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein:

 1)  Es muss Personen geben, die sich als freie Eigentümer zu ihrer Arbeitskraft verhalten können, die also in der Lage, sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Ein Sklave oder ein leibeigener Bauer ist dazu nicht in der Lage, denn die Verkäufer der Arbeitskraft müssen rechtlich freie Personen sein.

2) Diese Gruppe von Menschen muss noch in einem weiteren Sinne „frei“ sein, nämlich frei von den zur Verwirklichung ihres Arbeitsvermögens notwendigen materiellen Mitteln, frei vom Eigentum an Produktionsmitteln, und daher gezwungen, ihre Arbeitskraft an den Eigentümer der Produktionsbedingungen zu verkaufen.

Kurz gefasst: Der Arbeiter darf kein Sklave sein, darf aber auch außer seiner Arbeitskraft kein Besitztum haben, muss ein Habenichts sein. Die Existenz dieser in doppeltem Sinne „freien“ Arbeiter und Arbeiterinnen ist die unabdingbare soziale Voraussetzung kapitalistischer Produktion. Diese „Auflösung der ursprünglichen Einheit“[21] zwischen den Arbeitenden und ihren Arbeitsmitteln ist kein naturgeschichtliches Phänomen, sondern das Produkt vieler ökonomischer Umwälzungen, des Untergangs einer ganzen Reihe älterer Formationen der gesellschaftlichen Produktion. Eine Analyse dieser Prozesse kann leider im Rahmen dieser Abhandlung jedoch nicht geliefert werden.[22]

Wenn das Arbeitsvermögen im Kapitalismus nun die Warenform annimmt, so muss auch sie den einer Ware eigentümlichen Doppelcharakter besitzen. Ihr Gebrauchswert und dessen besondere Eigenschaft wurde bereits dargelegt, wie steht es nun um ihren Wert?

Wie wird der Tauschwert der Ware Arbeitskraft bestimmt?

Die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft wird bestimmt, wie bei jeder anderen Ware, durch die Arbeitszeit, die zu ihrer Herstellung gesellschaftlich Notwendig ist. Um ihre Arbeitskraft reproduzieren zu können, müssen die Arbeitenden essen, wohnen, schlafen, sich kleiden, sich weiterbilden. Dazu brauchen sie eine bestimmte Menge von Subsistenzmitteln, die sie kaufen müssen, d.h. deren Wert sie bezahlen müssen. Marx schließt daraus:

„Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendigen Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.“[23] (Marx: MEW 23, S. 185)

Ernest Mandel betont, dass der Begriff des Lohnminimums, der auf den Subsistenzmitteln der Arbeiter und Arbeiterinnen basiert, kein „physiologisch starrer Begriff“ sei.[24] Dieser Umfang der „notwendigen Lebensmittel“ ist in den einzelnen Ländern und Epochen unterschiedlich, er hängt von dem ab, was in einem Land zu den normalen Lebensbedingungen gerechnet wird, sowie dem, was die Arbeiter und Arbeiterinnen geltend machen. Der Wert der Arbeitskraft ist aber keine sich automatisch spontan entwickelnde Größe, seine Höhe hängt in entscheidendem Maße vom Kräfteverhältnis zwischen den beiden sich antagonistisch gegenüberstehenden Grundklassen der kapitalistischen Gesellschaft ab. Die Maß der Organisation der arbeitenden Klasse, ihre Kampfbereitschaft, ihr Klassenbewusstsein, ihr Widerstand gegen die stetigen Angriffe der Bourgeoisie auf ihren Lebensstandard und ihre Rechte sind entscheidend für Wertbestimmung der Arbeitskraft.     In diesem Kontext spricht Marx von einem „historischen“ und „moralischen“ Element, das im Gegensatz zu allen anderen Waren, in die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft eingeht.[25]  Aus dem von Marx betonten „historischen“ und „moralischen“ Element lässt sich auch folgern, dass dieser Wert nicht nur in verschiedenen Ländern, sondern auch im selben Land für unterschiedliche Teile der Arbeiterklasse unterschiedlich bestimmt werden kann, da rassistische Diskriminierung und asymmetrische Geschlechterverhältnisse Einfluss nehmen können, so Michael Heinrich[26]. Da das Fortbestehen der Klassenverhältnisse verlangt, dass die Arbeitskraft kontinuierlich auf dem Markt angeboten wird, muss der Wert der Arbeitskraft auch die Kosten abdecken, die für die Reproduktion einer ganzen Arbeiterfamilie bestehen.[27]

Der Verzehr von Arbeitskraft ist zugleich der Produktionsprozess von Ware und Mehrwert, wie der von jeder anderen Ware vollzieht er sich außerhalb des Bereichs der Warenzirkulation. Um das Geheimnis der Mehrwerts zu lüften, müssen wir uns also in die „verborgende Stätte der Produktion“ begeben. Gehen wir nun davon aus, dass der Geldbesitzer Produktionsmittel und Arbeitskraft zu ihrem Tauschwert gekauft hat, so lässt er Letztere die Ersteren konsumieren, d.h. in Produkte verwandeln. Das Resultat dieses Prozesses sind Produkte, in welche während des Arbeitsprozesses sich neue Arbeit vergegenständlicht hat und deren Wert über dem des vorgeschossenen Kapitals liegt. Diese Produkte gehören jedoch nicht den Arbeitenden, sondern dem Geldbesitzenden, denn er hat nicht nur die Produktionsmittel, sondern auch die Arbeitskraft gekauft. Der Arbeitsprozess wird somit zu einem Prozess zwischen Dingen, die dem Kapitalisten gehören.

Über konstantes und variables Kapital

Bezogen auf den Wert der neu produzierten Waren spielen Produktionsmittel und Arbeitskraft fundamental unterschiedliche Rollen. Der Wert, der bei der Produktion einer Ware verbrauchten Produktionsmittel geht in den Wert der neu produzierten Waren ein. Werden Produktionsmittel im Produktionsprozess vollständig verbraucht (wie z.B. Rohstoffe, Energie etc.), dann überträgt sich der Wert dieser verbrauchten Produktionsmittel vollständig auf die neu produzierte Warenmenge. Werden dagegen Produktionsmittel wie z.B. Werkzeuge oder Maschinen nicht vollständig verbraucht, dann überträgt sich nur ein Teil ihres Wertes. Hat z.B. eine bestimmte Maschine eine Lebensdauer von zehn Jahren, dann überträgt sich auf die in einem Jahr produzierte Warenmenge lediglich ein Zehntel ihres Werts. Der in Produktionsmitteln ausgelegte Bestandteil des Kapitals wird seinen Wert während des Produktionsprozesses unter normalen Umständen nicht verändern, sondern auf den Wert der produzierten Waren übertragen. Marx nennt diesen Kapitalbestandteil daher konstantes Kapital, abgekürzt: c.

Anders verhält es sich mit der Arbeitskraft. Der Wert der Arbeitskraft geht in den produzierten Waren überhaupt nicht ein. Was in den Warenwert eingeht, ist derjenige Wert, der durch den “Verbrauch” der Arbeitskraft, d.h. durch die Verausgabung von Arbeit, neu entsteht. Der Teil des Kapitals, welcher für die Bezahlung der Löhne ausgegeben wird, nennt Marx variables Kapital, abgekürzt: v.

Was ist der Mehrwert?

Der Mehrwert ist eben diese Differenz zwischen dem von der Arbeitskraft produzierten Wert und seinen eigenen Unterhaltskosten. Der Gegenwert des Lohnes macht auf dem Produktivitätsgrad einer kapitalistischen Gesellschaft immer nur einen Bruchteil des Arbeitstages aus. Was über diesen Bruchteil hinausgeht, ist die unentgeltliche Arbeit, welche die Arbeitenden leisten und die sich die Kapitalisten und Kapitalistinnen aneignen. Beträgt der tägliche Wert der Arbeitskraft beispielsweise 3/7 des Wertes, der an einem siebenstündigen Arbeitstag geschaffen wird, dann kann man formal davon sprechen, dass in drei Stunden der Wert der Arbeitskraft und für viereinhalb Stunden der Mehrwert produziert wurde. Diese zweieinhalb Stunden bezeichnet Marx daher auch als „notwendige“ Arbeitszeit und die restlichen viereinhalb Stunden als „Mehrarbeitszeit“. Marx schreibt hierzu: „Ein Teil der in der Ware enthaltenen Arbeit ist bezahlte Arbeit;“, in unserem Beispiel wären es die zweieinhalb Stunden (da die Arbeitenden den in dieser Zeit geschaffenen Wert als Lohn erhalten),“ein Teil ist unbezahlte Arbeit“[28], dies trifft auf die restlichen viereinhalb Stunden zu, da der dort produzierte Wert vom Kapitalisten angeeignet wird.[29]

Und eben diese Tatsache, dass der einzelne Arbeiter für seine Arbeitskraft vom Kapitalisten weniger an Wert erhält, als er durch seine Arbeit produziert, ist für Marx die Quintessenz dessen, was er als „Ausbeutung” bezeichnet.

Das System der Lohnarbeit ist äußerst effektiv darin dieses Verhältnis zu verschleiern, denn der Lohn (Preis der Arbeitskraft) erscheint den Arbeitern und Arbeiterinnen als Preis oder Werts der Arbeit selbst. Somit wird der Anschein vermittelt, dass die ganze Arbeit aus bezahlter Arbeit bestünde, obgleich nur ein Teil des Arbeitstages aus bezahlter und der restliche dagegen aus unbezahlter besteht. Marx macht auf eben diesen Umstand aufmerksam, wenn er schreibt:

„Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit“ (MEW 23, S.562)

Kolakowski verdeutlicht die Art und Weise, in welcher der Lohnarbeitende die Bezahlung seines Arbeitstages wahrnimmt, durch einen Vergleich mit der Selbstwahrnehmung eines Sklaven. Er schreibt hierzu: „To outward appearence the employer pays for the whole of the worker’s labour, but in fact he does not: the situation is the reserve of that which obtains under slavery, the slave appears to be working entirely for his master when in fact part of his working day is devoted to producing the values necessary for his own maintenance.“[30] Marx sieht diese Mystifikation als das „unterscheidende Merkmal der Lohnarbeit gegenüber andern historischen Formen“[31].

 

5 – Rolle der Arbeitswerttheorie und Ausbeutung als amoralische Kategorie

 In Gerald A. Cohens Essay über das Verhältnis der Arbeitswert- zur Mehrwertthoerie stellt er die These auf, dass dieses durch gegenseitige Irrelevanz gekennzeichnet sei. Er zielt darauf ab, eine neue Basis für die Anklage der Ausbeutung zu finden, da es seiner Meinung nach nicht die Arbeitswerttheorie sein kann. Im Folgenden werde wir auf einzelne von Cohen angeführte Argumente eingehen und eine eigene Positionen zu ihnen formulieren.

Cohen beginnt mit der Kritik dessen, was er das traditionelle Marxistische Argument nennt. Es beruht unter anderem auf seiner 5. Prämisse, wonach Arbeit und Arbeit allein Wert kreiert. Er versucht nun darzustellen, dass die Arbeitswerttheorie diese Prämisse nicht nur nicht bejahen, sondern sogar verneinen würde. Die Beispiele (a) und (b)[32], die er anbringt, um sein Vorhaben zu erfüllen, halte wir für unzureichend – im Folgenden soll aufgezeigt werden warum dies der Fall ist. Er sieht bei Beispiel (a) den Fakt, dass ein Produkt wertlos sein kann, obwohl Arbeit in es eingegangen ist als Widerspruch zu Prämisse (5). Die Aussage, dass nur Arbeit Wert kreiert impliziert jedoch keineswegs, dass jede Arbeit wertkreierend sei, dies Anzunehmen stellt einen Fehlschluss von Cohen dar und ignoriert die Differenzierung in Arbeit und „gesellschaftlich notwendige Arbeit“. In Beispiel (b) ist eine Sache wie saubere Luft aufbewahrt worden und in diesem hypothetischen Fall ist nun ein enormer Aufwand notwendig, um sie herzustellen und somit steigt der Wert, Cohen sieht hierfür den Beweis, dass etwas Wert hinzugefügt werden kann, ohne dass Arbeit ihn dieser Sache vergegenständlicht ist. Doch in diesem Szenario ist es der Arbeitsaufwand welcher für die Aufbewahrung der sauberen Luft als sie noch unkompliziert war zu erlangen notwendig war, welcher jetzt äquivalent ist zu der nötig zur Herstellung, nachdem saubere Luft eine Rarität geworden ist. Auch wenn der ursprüngliche Wert dieses Arbeitsaktes in enormem Ungleichgewicht zum neuen Wert steht, lässt der Tauschwert dieser Ware sich trotzdem auf einen Arbeitsakt zurückführen.[33]

Während wir die Arbeitswertteorie vor der Kritik von Cohen verteidigen, stimmen wir zu, dass sie nicht notwendig ist, um das Faktum der Ausbeutung der Lohnarbeitenden nachzuweisen. Um dies zu tun, genügt lediglich die Feststellung, dass die Aneignung fremder Arbeit, beziehungsweise der Ergebnisse fremder Arbeit von Seiten der Produktionsmittelbesitzenden stattfinden.Das Missverständnis liegt darin, dass Cohen davon ausgeht, Marxist*innen würde der Auffassung sein, sie benötigen die Arbeitswerttheorie um die Realität der Ausbeutung nachzuweisen. Stattdessen ist es die primäre Rolle der Arbeitswerttheorie aufzuzeigen, dass die Ausbeutung keine zufällige Erscheinung, sondern notwendiger Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise ist. Darüber hinaus schafft sie Klarheit darüber, dass Ausbeutung keine Ungerechtigkeit des individuellen Kapitalisten ist, sondern er sogar im vollen Recht ist den Mehrwert sich anzueignen. Marx schreibt hierzu:

„Der Umstand, daß die tägliche Erhaltung der Arbeitskraft nur einen halben Arbeitstag kostet, obgleich die Arbeitskraft einen ganzen Tag wirken, arbeiten kann, daß daher der Wert, den ihr Gebrauch während eines Tages schafft, doppelt so groß ist als ihr eigner Tageswert, ist ein besondres Glück für den Käufer, aber durchaus kein Unrecht gegen den Verkäufer“ (Marx: MEW 23, S. 208)

Cohens „rough idea of exploitation, as a certain kind of lack of reciprocity“[34] ist somit unzureichend. Er stellt im weiteren Verlauf des Textes die These auf, die Erklärung des Unterschieds zwischen Wert der Arbeitskraft und dem Wert, den sie kreiert, sei irrelevant für die Frage ob die Behauptung, der Kapitalismus sei ausbeutend, eine moralische sei.[35] Entgegen dieser Meinung ist es jedoch eben diese Erklärung, wie der Mehrwert entsteht und warum der Kapitalist oder die Kapitalistin im Recht ist, sich diesen anzueignen, der die Ausbeutung nicht zu einer moralischen Kritik der Individuen macht. Stattdessen gilt die Kritik den gesellschaftlichen Formen auf die sie sich einlassen müssen, wenn sie ihrem legitimen Motiv – ein angenehmes Leben erwerben/die eigene materielle Lage verbessern – folgen. Marx machte sich große Mühen um dies klarzustellen, so schrieb er im Vorwort zur ersten Auflage des Kapitals:

„Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentümer zeichne ich keinesfalls in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffasst, den einzelnen verantwortlich machen für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.“    (Marx: MEW 23, S.16)

6 – Fazit: Werden Lohnarbeitende im Kapitalismus ausgebeutet?

Kommen wir nun zurück auf die ursprüngliche Frage dieser Abhandlung; der Frage danach, ob Personen, die ihre Arbeitskraft verkaufen, ausgebeutet werden. Bevor eine Antwort auf diese Frage formuliert werden kann, bedarf es einem einheitlichen Ausbeutungsbegriff. Schauen wir Beispielswiese in das deutsche Strafgesetzbuch, in diesem wird die Ausbeutung der Arbeitskraft im Rahmen des §233 definiert. Laut diesem sei die Lohnarbeitende Person dann ausgebeutet, wenn sie entweder körperlich Misshandelt wird, nicht die entsprechenden Sicherheitsvorkehrung getroffen werden und somit die Gesundheit der lohnarbeitenden Person gefährdet oder wenn ihr der rechtmäßige Lohn für ihre Arbeit vorenthalten wird und somit die Person in wirtschaftliche Not gerät.[36] Der Grad der Ausbeutung würde somit entweder durch die körperliche Versehrtheit der lohnarbeitenden Person oder durch den Grad der Verletzung der Gesetze des Warentausches gemessen werden.

Innerhalb der Arbeitendenbewegung gab es immer wieder Strömungen, welche die Ansicht vertraten, dass es ein Anachronismus wäre, sich im 20. und 21. Jahrhundert noch an der Marx’schen Analyse des Kapitalismus zu orientieren, da diese lediglich auf frühkapitalistische Epoche zutreffen würde, so das Argument.[37] Die Tatsache der Ausbeutung auf eine Erscheinung der besonders brutalen Formen des Kapitalismus, wie Beispielswiese den sogenannten „Manchesterkapitalismus“ zu reduzieren lässt darauf schließen dass man davon ausgehen würde, dass der Exploitationsgrad durch den Stand des Lohnminimums und die Länge des Arbeitstages, generell durch die Humanität des Arbeitsalltags bestimmt wäre.

Im Gegensatzes zu diesen beiden Auffassungen wird der Grad der Ausbeutung durch das Verhältnis von variablem Kapital zum Mehrwert definiert. In der kapitalistischen Produktionsweise, lässt sich der Wert der produzierten Warenmenge wie folgt darstellen: k+v+m.[38] Wobei k den Wert des konstanten Kapitals bezeichnet, also den Wert der verbrauchten Rohstoffe und den anteiligen Wert der Werkzeuge und Maschinen, soweit sie verbraucht werden. Derjenige Bestandteil des Kapitals, welcher benutzt wird um die Löhne zu bezahlen, wird mit v abgekürzt. Der Buchstabe m stellt die Differenz zwischen dem neu zugesetzten Wert und dem Wert der Arbeitskraft dar, den Mehrwert. Die Größe m/v ist somit also bestimmend für das Maß der Ausbeutung der Arbeitskraft.

Basierend auf dieser Definition der Ausbeutung lässt sich die Fragestellung klar bejahen. Personen die ihrer Arbeitskraft als Ware entgegentreten, diese verkaufen, werden ausgebeutet. Ausbeutung und die Existenz unbezahlter Arbeit jedoch entspringen nicht aus seiner Verletzung der Gesetze des Warentausches, sondern aus ihrer Befolgung. Will man Ausbeutung abschaffen dann geht dies nicht durch eine Reformierung der Austauschverhältnisse innerhalb des Kapitalismus, sondern nur durch die Abschaffung, die Aufhebung, der kapitalistischen Produktionsweise.

„Sie“ (die Arbeitenden, wenn sie einer reformistischen Strategie folgen) „dürfen nicht vergessen, daß sie mit Wirkungen und nicht mit den Ursachen dieser Wirkungen kämpfen, dass sie Palliativmittel anwenden, aber die Krankheit nicht heilen […] An Stelle des konservativen Mottos: ‚Ein gerechter Tagelohn für einen gerechten Arbeitstag‘ sollten sie das revolutionäre Schlagwort auf ihre Fahne schreiben: ‚Abschaffung des Lohnsystems!‘“    Georg Lukács[39]            

 Literatur

Dooley, Peter, The Labour Theory of Value, New York 2005, Routledge

Cohen, G.A, „The Labor Theory of Value and the Concept of Exploitation“, Abgedruckt in: Philosophy & Public Affairs , Summer, 1979, Vol. 8, No. 4 (Summer, 1979), pp. 338-360

Heinrich, Michael, „Kritik der politischen Ökonomie“, Stuttgart 2021, Schmetterling Verlag

Kolakowski, Leszek, „Main Currents of Marxism“, Oxford 1978, Clarendon Press

Lukács, Georg, „Ästhetik,Marxismus,Ontologie“, Berlin 2021, Suhrkamp

Lenin, Werke, Band 38, Berlin 1964, Dietz Verlag

Mandel, Ernest, „Einführung in die marxistische Wirtschaftstheorie“, Frankfurt 1978, Verlag Neue Kritik

Marx, Karl / Engels, Friedrich, MEW Band. 23, Berlin 1998, Dietz Verlag

Marx, Karl, „Lohn, Preis und Profit“, Berlin 1948, Dietz Verlag

Marx, Karl, Kritik des Gothaer Programms, Berlin 2017, Manifest Verlag

Schleifstein, Josef, „Einführung in das Studium von Marx, Engels und Lenin“, Essen 2016, Neue Impulse Verlag

Fußnoten:

[1] Marx Engels Werke, Band 23, S. 49

[2] Lenin, Zur Frage der Dialektik, LW Band 38, S.340

[3] „Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.b. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache“ (MEW 23, S.49)

[4] Wenn im folgenden Text der Begriff Wert genutzt wird, ist Tauschwert gemeint

[5] „Ein Ding kann nützlich und Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein. Wer durch sein Produkt sein eigenes Bedürfnis befriedigt, schafft zwar Gebrauchswert, aber nicht Ware.“ (MEW 23, S.55)

[6] vgl. Heinrich, Michael, Kritik der politischen Ökonomie (2021), S. 39

Notiz: Heinrich vertritt eine Auffassung vom Marxismus, die nah an der sogenannten Neuen-Marx-Lektüre ist. Zur Kritik dieser Sichtweise ist  dieser Text von Holger Wendt zu empfehlen.

[7] vgl. Marx, Karl, Lohn Preis Profit (1948), S.29

[8] „Sieht man vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten“ MEW 23 S. 52

[9] Lohn, Preis und Profit S.30

[10]  MEW 23, S.53

[11] ebd.

[12] „Wichtig: nicht jede Arbeit besitzt einen Doppelcharakter, sondern nur Waren produzierende Arbeit“ Heinrich. S. 46

[13] Schleifstein, Josef, Einführung in das Studium von Marx, Engels und Lenin (2016),  S. 98

[14] Heinrich S.46

[15] MEW 23, S.161

[16] MEW 23, S. 162

[17] Marx Kritik an Condillac: MEW 23, S. 173f

[18] Schleifstein, S.102

[19] „Surplus value does not come from selling a thing for more than it is worth. It is not a matter of sharp business practices, bait and switch, a thumb on the scale, cheating on quality or any other fraud. All things exchange at full value, which is simply the value of the labour time embodied in them. Surplus value flows from the consumption of a commodity. The source of surplus value is the value in use of a commodity rather than the value in exchange of it, which Marx put rather vividly.“ (Peter C. Dooley, The Labour Theory of Value (2005), S.170)

[20] MEW 23, S. 181

[21] Marx,  Lohn Preis Profit, S.38

[22] Für eine intensivere Auseinandersetzung mit der sogenannten Ursprünglichen Akkumulation, welche die Polarisation des Warenmarktes und somit die Grundbedingungen der kapitalistischen Produktionsweise hervorbrachte, siehe: Marx, Das Kapital, Vierundzwanzigstes Kapitel „Die sogenannte Ursprüngliche Akkumulation“ (MEW 23, s.741-792)

[23] Durch das Übertragen der Arbeitswerttheorie auf die Ware Arbeitskraft, zeigt Marx deutlich, dass der Ruf nach Gleichheit der Löhne auf einem Irrtum beruht. (Vgl. Marx, Lohn Preis und Profit, S. 39)

[24] Mandel, Ernest, Einführung in die marxistische Wirtschaftskritik (1978),  S. 27

[25] vgl. MEW 23, S. 185

[26] Heinrich, S.91

[27] „Ihr“ (der Arbeit) „natürlicher Preis … besteht in einer solchen Menge von Subsistenzmitteln und Dingen der Bequemlichkeit, wie entsprechend dem Klima und den Gewohnheiten  eines Landes notwendig sind, um den Arbeiter zu erhalten und es ihm zu ermöglichen, eine Familie aufzuziehen, die auf dem Markt ein unvermindertes Angebot von Arbeit zu sichern vermag.“ (Robert Torrens, „An Essay on the external Corn Trade“, London 1815, S.62)

[28] Marx, Lohn, Preis Profit, S.43

[29] Durch die Begrifflichkeit der „bezahlten- und unbezahlten“ Arbeit sollte keineswegs drauf geschlossen werden, dass doch eigentlich die ganze Arbeit bezahlt werden sollte. Konträr zu dieser Annahme, war es ja genau Marx der sich große Mühen machte um nachzuweisen, dass – gemäß der Gesetze des Warentausches – der Verkäufer der Ware Arbeitskraft genau den Wert seiner Ware erhält. Dieser Auffassung entsprechend kritisierte Marx lautstark Ferdinand Lassale und seine Forderung nach dem „vollen Arbeitstag“.

[30] Kolakowski, Main Currents of Marxism (1978), S. 230

[31] Marx, Lohn, Preis und Profit, S.42

[32] „(a) Suppose there is a usevalue a, which was produced in the past, when things such as a could come into being only through labor, but that labor is no longer required for things such as a to appear … Then according to the labor theory of value, a is valueless, despite the labor “embodied” in it. (b) Contrariwise, suppose there is a commodity b now on the market, and that b was not produced by labor, but that a great deal of labor is now required for b-like things to appear. (B might be a quantity of clean air bottled before it became necessary to manufacture clean air.) Then b has a value, even though no labor is- “embodied” in it.“ (Cohen, The Labour Theory of Value and the Concept of Exploitation (1979),  S.345)

[33] Um mögliche Missverständnisse zu vermeiden: Marx macht es sehr klar, dass er die Arbeit nicht als Quelle allen Reichtums ansieht, sondern die Natur ebensosehr als Quelle der Gebrauchswerte. Die Arbeitskraft ist jedoch die Quelle des Reichtums der in Tauschwert gemessen wird. (vgl. „Die Arbeit ist nicht Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum“, Marx, Karl, Kritik des Gothaer Programms, S.11)

[34] Cohen, S. 343

[35] „It does not matter what explains the difference between the value the worker produces and the value he receives…It does not matter to the moral claim about exploitation, even if it is interesting from other points of view. “ (Cohen, S.344)

[36] Strafgesetzbuch §233 Ausbeutung der Arbeitskraft: „Auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn..

– der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bring

– der Täter das Opfer durch das vollständige oder teilweise Vorenthalten der für die Tätigkeit des Opfers üblichen Gegenleistung in wirtschaftliche Not bringt oder eine bereits vorhandene wirtschaftliche Not erheblich vergrößert oder“

[37] Es ist häufig zu hören, dass die Marxsche Analyse, wenn sie nicht schon von vornherein abgelehnt wird, allenfalls für das 19. Jahrhundert eine gewisse Gültigkeit habe. Im 21. Jahrhundert hätten sich die ökonomischen Verhältnisse aber so weitgehend geändert, dass man mit der Marxschen Theorie nichts mehr anfangen könne, so die Argumentation. Doch Marx selbst, schafft im Vorwort zum ersten Band vom „Kapital“ völlige Klarheit über den Gegenstand seiner Untersuchung, so schreibt er: „Was ich in diesem Werk zu erforschen habe, ist die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Produktions- und Verkehrsverhältnisse. Ihre klassische Stätte ist bis jetzt England. Dies der Grund warum es zur Hauptillustration meiner theoretischen Entwicklung dient…An und für sich handelt es sich nicht um den höheren oder niedrigeren Entwicklungsgrad der gesellschaftlichen Antagonismen, welche aus den Naturgesetzen der kapitalistischen Produktion entspringen. Es handelt sich um ihre Gesetze selbst.“ (MEW 23, S.12). Es geht Marx also nicht lediglich um eine besondere historische Phase des Kapitalismus, sondern um das, was bei aller historischen Veränderung gleich bleiben muss, damit wir überhaupt von Kapitalismus sprechen können – sein Vorhaben ist es, „die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt“ (MEW 25, S. 839) zu erfassen.

[38] k=konstantes Kapital, v=variables Kapital, m=Mehrwert

[39] Über die Gefahr des rein ökonomischen, gewerkschaftlichen Kampf (Lukács, S. 289)